Bildung muss digitaler werden. Da scheinen sich jetzt alle einig zu sein. Deswegen steigt der Bund in die Schulbildung ein. Fünf Milliarden Euro will er in den “Digitalpakt Schule” fließen lassen, davon die ersten 3,5 Milliarden in dieser Legislaturperiode. Das leuchtet jedem ein. Technik kostet Geld. Aber ist fehlende Technik ein wesentliches Problem des deutschen Schulsystems?
Jeder erfolgreichen Problembehebung geht bekanntlich die Fehleranalyse voraus. Sonst droht Verschlimmbesserung. Die Kernfragen der Analyse hier lauten: Warum findet staatliche Schule heute zum Teil noch so statt wie vor 100 und mehr Jahren? Warum sickern pädagogische und didaktische Erkenntnisse nur tröpfchenweise ins Schulsystem? Wieso spiegelt sich der digitale Fortschritt kaum in der Lernumgebung der Schüler wieder? Im Gegenteil: Privat mitgebrachte Geräte werden in der Regel aus den Schulen verbannt.
Weil Veränderung nicht notwendig ist. Weil das Bessere nicht Feind des Guten ist, weil das Bessere nicht entsteht. Nicht entstehen kann. Weil es dem staatlichen Bildungsangebot weitgehend an Wettbewerb fehlt. Weil jene, die vom Status quo profitieren, alles so lassen können wie es ist. Den staatlichen Schulen gehen schlicht nicht die Schüler aus. Weil letzteren wiederum die Alternativen fehlen. Das staatliche Schulsystem ist ein Monopol.
Wenn aber dem staatlichen Bildungssystem systembedingt die Veränderungsbereitschaft fehlt, dann stellt sich die Frage, wie die Milliarden für digitale Bildung letztendlich beim Schüler ankommen werden. Ob sie wirklich den Schulalltag besser machen. Denn fehlerhafte Strukturen werden nicht mit Geld verändert. Nur mit beherzter Politik. Davon freilich bräuchte es sehr viel. Weil Millionen Lehrer dem Wettbewerb um beste Bildung ausgesetzt werden müssten. Es wäre eine gigantische Veränderung. Mit gigantischen Folgen.
Denn nichts bringt mehr Wohlstand als Innovation. Und die Basis von Innovation ist Bildung. Beides braucht im Kern nicht mehr staatliches Geld, sondern einen Ordnungsrahmen, der die richtigen Anreize setzt. Für bessere Innovation und bessere Bildung. Bei der Innovation gelingt dies am erfolgreichsten, indem jeder die Früchte seiner Innovationen – nämlich Ruhm und Geld – behalten darf. Bei der Bildung ist es ähnlich. Wesentlich dazu kommt: Gute Bildung fördert – vor allem in jungen Jahren – die Lust an der Erkenntnis. Es ist mit guter Bildung wie mit dem Leben und der Gesellschaft im Allgemeinen: Im Kern hat das Individuum mit seiner Entscheidungsfreiheit zu stehen. Es wendet sich der Bildung zu, weil es dies will, nicht weil es muss.
Gute Bildung fördert also das „lernen wollen“. Und gute Bildung findet sich im Wettbewerb. Wo die Interessen der Kunden, hier der Schüler und Eltern, im Vordergrund stehen. Weil diese Kunden sich sonst eine andere Bildungseinrichtung suchen. Insofern ist gute Bildung in erster Linie nicht eine Frage von Geld und gutem Willem, sondern eine des richtigen Settings. Oder wissenschaftlicher gesagt: eine Frage der Institutionenökonomie.
Jeder möge einmal kurz aufschauen und seine Umgebung wahrnehmen. Vielleicht das doppelglasige Fenster neben ihm betrachten, oder sich die Geschwindigkeit des Zuges, in dem er gerade sitzt, vergegenwärtigen, oder über die Technik des digitalen Gerätes vor ihm staunen – praktisch alles, was wir um uns erblicken, ist das Ergebnis unzähliger Verbesserungen, die über Generationen entstanden sind. In den allermeisten Fällen aufgrund privatwirtschaftlicher Entscheidungen. Warum sollte es mit guter Bildung und Pädagogik anders sein? Ob mit oder ohne digitaler Technik, ist dabei eine relevante Frage. Aber bei weitem nicht die einzige. Schon gar nicht sollte sie vom Staat beantwortet werden. Er weiß es schlicht nicht.
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Die breite Masse der Bevölkerung wird nie die Möglichkeit haben, den Lehrer in seiner Schule selbst auswählen zu können.
Dies hat mehrere Gründe (hier nur ein Auszug):
1) Die Leistung eines Lehrers ist nicht beliebig multiplizierbar. Die Durchschnittliche Leistung eines Lehrers sinkt mit jedem zusätzlichen Schüler. Und ab spätestens 30 Schüler nimmt auch die Gesamtleistung eines Lehrers ab. (Dies gilt auch in der Zeit des Internets. Der direkte persönliche Kontakt kann nicht durch Kamera und Bildschirm ersetzt werden)
2) Die Leistung eines Lehrers ist nur schwer bis überhaupt nicht messbar. Sie hängt zudem sehr stark vom Schüler ab. Ergänzend muss ich auch gestehen, dass die Lehrer, die ich in meiner Schulzeit abgewählt hätte, aus heutiger Sicht gar nicht so schlecht waren.
3) Bei den Produkten, die ich in den letzten 12 Monaten erstanden habe, kenne ich nur bei einem verschwindend geringen Teil den Hersteller persönlich z.B. meinen Zahnarzt oder meiner Friseuse. Bei allen anderen habe ich mich auf die Marke verlassen. Allein daraus folgt schon, dass ich nie meinen Lehrer selbst wählen kann.
4) Es gibt in Deutschland vielleicht 20 verschiedene Automarken, aber mehr als 3000 verschiedene Gymnasien. Ich kann demnach – theoretisch – den für mich idealen Lehrer auswählen und so für „Wettbewerb“ sorgen. Die Abiturergebnisse lassen sich mit etwas Aufwand auch herausfinden. Trotzdem kann man wohl die Abiturienten an den 5 Fingern abzählen, die deswegen ihre Schule gewechselt haben.
Grund: mangelnde räumliche und zeitliche Mobilität.
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Wer ist ein guter Lehrer?
Ein Waldorflehrer, der sich intensiv um vernachlässigte Kinder mit schlechter Sozialprognose aus Problemvierteln kümmert und sie dann zum Hauptschulabschluss bringt, einschließlich einer positve Zukunftsprognose.
Oder ein Lehrer eines Gymnasiums aus einem Nobelvorort, der soziale Probleme nur vom Hörensagen kennt?
Wie viel sind 1 kg Bildung? Oder messen wird das in Metern?
Innovation beruht auf Kreativität! Wie messe ich Kreativität?
Sicher: Wettbewerb ist gut. Dazu müssen aber bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Wie z.B. räumliche und zeitliche Mobilität. Dinge, die es in der Bildung nicht gibt!
Mein Fazit: bessere Ausbildung der Lehrer. Dazu gehört auch bessere Praxisausbildung und ein intensives Coaching der Lehrer. Das wird mehr bringen, als noch so schönen Wettbewerb oder mehr Geld in digitale Technik.
Es gibt Lehrer, die lernen Kompetenzen, und es gibt Lehrer, die erziehen Menschen.
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Ich wäre als Schüler froh gewesen, wenn ich Lehrer hätte wählen können (Wettbewerb), die Kompetenzen vermitteln und dabei erziehen.
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