Den Hass, den wir nicht sehen

Wenn es stimmt (und die Zahlen sprechen dafür), dass so ziemlich eine gesamte Generation von Heranwachsenden sich nicht mehr mittels traditioneller Medien wie Zeitung und Fernsehen bildet, sondern durch Soziale Medien, allen voran TikTok, und die Inhalte dieser TikTok-Welt, in der ich mich seit einiger Zeit umschaue, tatsächlich einen so großen Anteil Hetze und  Falschinformationen enthält, wie jener Anteil, den ich dort präsentiert bekomme (zwei Beispiel gefällig? 1) https://vm.tiktok.com/ZGehVooYx/ , 2) https://www.tiktok.com/@hoss_.hopf_/video/7323337183392288032), dann wundert mich zumindest eines nicht mehr: der Erfolg der AfD bei jungen Wähler:innen. Bei den jüngsten Landtagswahlen rangierte die in Teilen rechtsextreme Partei in der Altersgruppe 18 bis 24 Jahre in Hessen auf Platz zwei hinter der CDU, und in Bayern lag sie knapp hinter den Grünen auf Platz drei. Deswegen: Der Einsatz gegen Hass- und Falschinformationen muss endlich höchste Priorität bekommen. Und: Wir müssen politische Bildung neu denken. Das sind für mich die beiden zentralen Projekte zur Stärkung – oder muss man sagen Rettung? – der Demokratie. Denn wir, die Älteren sehen mehrheitlich nicht, was sich täglich millionenfach auf den Handys junger Menschen abspielt (und zugegeben nicht nur auf den Handys dieser Generation). Würde es im Fernsehen gezeigt oder in Zeitungen gedruckt, der gesellschaftliche Aufschrei und die Konsequenzen wären radikal. So aber geschieht wenig. Eine ganze Generation, altersbedingt im politischen Urteilsvermögen noch nicht ausgereift, wird mit Lug und Trug zugeschüttet, täglich, finanziert auch von jenen, die Interesse am Niedergang der Demokratie haben. Deswegen: Lasst uns dorthin schauen und gehen, wo heute Meinungsbildung passiert. Überlassen wir das Feld nicht jenen, die danach trachten, Leben in Freiheit und Würde zu zerstören. 

One thought on “Den Hass, den wir nicht sehen

  1. Es ist in der Tat traurig, aus welchen Quellen Jugendliche in diesen Tagen ihre Informationen gewinnen. Aber immerhin redet dort keiner von der Kanzel herunter, mit offiziösen Weihen versehen, so wie die Nachrichten und Informationssendungen der öffentlich-rechtlichen Medien gerne hingestellt werden. Aber wird man dort denn wirklich objektiv informiert? Ich bezweifle das. Ich weiß, welch ein Unsinn dort verzapft wird, wenn es um Themen geht, in denen ich zu Hause bin. Und dann soll ich demselben Sender dort, wo ich selbst wenig weiß, vertrauen?

    Ich würde gerne mal mit Ihnen mal ein paar Tage lang die Nachrichtensendungen des ÖRR zu verfolgen, um Ihnen zu zeigen, wo dort falsch oder unvollständig berichtet wird. Denn wenn das, was da versendet wird, so ziemlich mit dem übereinstimmt, was man selbst meint, fällt einem das mitunter gar nicht mehr auf… Es kommt hinzu, dass im ÖRR Meinungsvielfalt in den Informationssendungen weitgehend verschwunden ist. Früher kam auf ein “Panorama” ein “Schwarzer Kanal”, auf einen “Monitor” ein “Report” aus München. Heute? Und jetzt kommen Sie mir nicht mit diesen unsäglichen Talkrunden – die sind kein Ersatz für die ausführlichere Auseinandersetzung mit bestimmten Themen.

    Politische Grundeinstellungen werden inzwischen mit dem Holzhammer vermittelt. Kaum ein angeblicher “Krimi”, in dem nicht “woke” Themen “verhandelt” werden, wie das inzwischen so schön modisch heißt. Ermittlerteams erreichen Quoten der identitätspolitisch beliebten Gruppen, die so weitab von der Realität sind, dass bei allem Wohlwollen für diverse Besetzungen die erzieherische Absicht dahinter erkennbar wird (wer möchte gerne ständig erzogen werden?), und es ist meist klar, wer Täter sein darf und wer nicht. Selbst wenn es am Ende doch nur eine Beziehungstat war, werden gerne en passant die unmenschlichen Machenschaften eines üblen Pharmakonzerns aufgedeckt. Denn der will ja Gewinn mit dem Leid der Menschen erzielen, was per se verwerflich ist.

    Klar – so weit, dass in den seriösen Formaten offen gelogen wird, sind wir nicht. Aber Sprachregelungen halten bereits Einzug, und wer das übersichtliche Vergnügen hatte, mal ein paar Sendungen der “aktuellen kamera” des DDR-Fernsehens zu verfolgen, der weiß, wo das enden kann. Kann man den Menschen im Osten verübeln, dass sie darauf besonders sensibel reagieren?

    Zurück zu den Jugendlichen. Die sind – wie schon immer – natürlich sehr empfänglich für alles, was dem widerspricht, was sie von Eltern und anderen Autoritätspersonen zu hören bekommen, und sie haben einen bewundernswert naiven Idealismus, der mit den richtigen Buzzwords angesprochen werden kann. Dass Realpolitik nicht im Durchsetzen von Idealen besteht, sondern im Finden von Kompromissen divergierender Interessen, die zunächst einmal alle als gleich legitim zu gelten haben, scheint immer weniger anerkannt zu werden. Der mit der anderen Meinung ist böse, und ich muss mit allen Mitteln verhindern, dass diese Meinung Gehör findet. Das ist keine Einstellung, die sich allein in den Reihen der AfD wiederfindet…

    Bei der Gelegenheit gleich eine Frage. Im ersten TikTok-Video ist der Unsinn klar erkennbar. Aber was ist an den im zweiten Video genannten Fakten falsch? Dass der Verfasser dazu eine klare Meinung hat, die er auch polemisch vermittelt, ist klar, aber so groß wäre jetzt aus meiner Sicht der Unterschied zu einer Sendung von “Monitor” mit Herrn Restle nicht – natürlich mit einem anderen Thema.

    Meine Generation hat damals im Gymnasium von Lehrern vermittelt bekommen, allen medialen Beiträgen kritisch gegenüberzustehen. Man sollte nicht unbesehen glauben, immer bereit sein für die entgegengesetzte Meinung, und erst, wenn man beides einander gegenüberstellen kann (und eine Seite davon nicht durch den Strohmann der anderen ersetzt wurde), ist man in der Lage, sich ein Urteil zu bilden. Wenn man will, kann man das “dialektisch” nennen. Der “Witz” daran ist, dass diese Lehrer überwiegend links eingestellt waren. Vermutlich haben sie sich nicht träumen lassen, dass es viele Jahre später ihre über die Medien vermittelten Meinungen seien, die nie unkritisch zu konsumieren seien. Aber so, wie ich sie im Rückblick einschätze, hätten sie auch unter dieser Bedingung dazu gestanden. Es war eben eine andere Zeit.

    Aber genau dahin müssten wir m.E. wieder zurück. Allen, auch den Jugendlichen, müsste vermittelt werden, dass alles über die Medien, wozu dann auch TikTok zählt, Vermittelte kritisch betrachtet werden muss und dass, wenn man da eine sehr einseitige Meinung präsentiert bekommt, man sich klarmachen muss, dass man damit selbst noch nicht genug weiß, um die Sache auch nur annähernd beurteilen zu können.

    Aber im Zeitalter der Echokammern ist das wohl ein frommer Wunsch.

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