Wie verändern die noAfD-Demonstrationen die CDU?

Wie groß ist wohl der Anteil in der Union, die davon geträumt hatte, mit einem Koalitionspartner AfD zurück an die Macht zu kommen? Eine Politik der Gegenbewegung zum gesellschaftlichen Fortschritt. So wie damals Helmut Kohl 1982 mit seiner „geistig-moralischen Wende“, nachdem die FDP die Seiten gewechselt hatte.

Manches erinnert mich heute an damals. Ich war 11, und langsam begannen politische Nachrichten und Sonntagnachmittag-Kuchentisch-Gespräche mit der Verwandtschaft in mein Ohr zu dringen. Strauß und Kohl waren Helden, Brandt und Schmidt Vaterlandsverräter. Mit Kohl als Kanzler kam das Gute zurück. So dachte man um mich herum. Die alten Werte, das Deutsche, das Wirtschaftswunder.

Es kam bekanntlich anders. Die 80er Jahre waren bleiern. Ohne die Wiedervereinigung hätte es Kohl in kein Geschichtsbuch geschafft. Von einer Ausnahme abgesehen: seiner Visionen von einem gemeinsamen politischen Europa. Nur ein solches Europa sei auf Dauer ein friedliches Europa, so seine Überzeugung. Diese Überzeugung ist sein eigentliches Vermächtnis.

Was mich zurück zur Gegenwart und jenem erzkonservativen Teil in der CDU bringt, die in Helmut Kohl ihren geistigen Vater sieht (und natürlich nicht in Angela Merkel, Gott bewahre, denken sie). Die darauf gehofft hatten, zusammen mit der AfD eine geistig-moralische Wende 2.0 hinzubekommen. Die das Gute zurückbringt. Die alten Werte, das Deutsche, das Wirtschaftswunder. So denken sie. Aber jetzt merken sie, dass das nicht klappen wird. Weil jetzt jene aufstehen, die das Gestrige nicht zurück haben wollen. Und so fällt eine Machtoption für die CDU weg. Und eine neue Chance tut sich auf. Kein Migrant:innen-Bashing à la CDU-Chef Friedrich Merz, stattdessen ein positiver Blick in die Zukunft. Keine Rückbesinnung auf die Nation, sondern mehr statt weniger Europa. Mit mehr statt weniger Demokratie. Mit mehr Zuwanderung in den Arbeitsmarkt statt weniger. Dank der gerade stattfindenden noAfD-Demonstrationen hat die CDU keine Wahl mehr. Rechts von ihr braucht sie keine Mehrheit mehr zu suchen. Die Zukunft der CDU liegt in der Mitte.

2 thoughts on “Wie verändern die noAfD-Demonstrationen die CDU?

  1. Oha, was für eine Ode an die Merkel-CDU. Aber die kommt offenbar von jemandem, der sie nie wählen würde und sich eher auf der anderen Seite des politischen Spektrums einordnet.

    Wo soll ich anfangen? Mit der “Mitte”? Gerne – darauf ist die Antwort einfach: Wenn die Union in der heutigen “Mitte” verharrte, bleibt rechts der Platz für die AfD. Damit wären rechte Positionen in der deutschen Politik delegitimiert – und ich nehme an, dass genau das auch der eigentliche Sinn hinter den Demonstrationen ist.

    Wer mit wem ist ja nur eine abgeleitete Frage. Es geht darum, welche Antworten die Politik auf Fragen der Zeit findet. Was Sie da schildern, ist doch ein arg konstruierter Strohmann. Wer so denkt, ist entweder längst in der AfD oder in der “Werteunion”, aber dennoch bleiben genug Kritiker der Merkel-Politik übrig, die sich eher von Merz vertreten fühlen. Und das nicht wegen einer “guten, alten Zeit” oder ominösen “Werten”- gerade das Argumentieren mit Moral und mit “Gut” und “Böse” ist doch inzwischen vor allem die Methode der Linken. Auch wenn Sie es sich nicht anders vorstellen können: Man kann die bisherige Politik in Sachen Migration und Energiewende tatsächlich auch allein aus rationalen Gründen für verfehlt halten.

    Und jetzt zum Szenario: Die Machtoption mit der AfD soll verbaut werden. Das ist offensichtlich. Aber was bleibt dann? Was darf jemand, der eine andere Migrationspolitik, einen anderen Weg des Klimaschutzes einschlagen will als SPD und Grüne, denn wählen, wenn er sicher gehen will, dass seine Stimme nicht zu einer Koalition mit einer von beiden Parteien oder gar (wie im Osten) mit beiden zusammen führt? Gesetzt, dass es weiter genug Menschen gibt, die auf radikale und einfache Antworten vertrauen und deswegen AfD wählen. Dann wird die CDU in der Regel im Koalitionen gezwungen, die wegen völlig unterschiedlicher politischer Ansichten absurd anmuten. Was da herauskommt, kann man schon im kleinen Maßstab der Ampel erkennen. Ihre Lösung, die Union sich politisch den Parteien links davon anpassen zu lassen, würde dieses Problem lösen, es aber um so mehr zu einem für die Wähler machen.

    “Mehr Europa” ist auch so ein Slogan. Was soll das bedeuten? Noch mehr Verlagerung von Kompetenzen an die am weitesten entfernte politische Entscheidungsgewalt mit der geringsten demokratischen Legitimation? Noch mehr “über Bande gespielte” von ideologischer Naivität und faktischer Verantwortungslosigkeit geprägte Gesetze, die im Land nur noch “umgesetzt” werden müssen? Noch mehr Vergemeinschaftung von Staatsschulden zusammen mit Ländern wie Griechenland, wo Steuerhinterziehung Volkssport ist? Noch mehr Offenheit gegenüber korrupten Regimen östlich von Österreich? All das machte einen “Dexit”, der eine historische Katastrophe wäre, noch attraktiver und stärkt die AfD. Gerade wer ein friedliches Europa will, darf nicht so tun, als säße er im Sandkasten und brauche keinerlei Rücksicht auf die Identifikation der Menschen zu nehmen. Tatsache ist, dass alle offenen Vertiefungsversuche in Sachen EU bei Volksabstimmungen (wo diese Möglichkeit genutzt werden konnte) so gründlich abgeschmettert wurden, dass nur noch der Weg über die Hintertür übrig blieb. Selbstverständlich braucht Deutschland in einer Welt mit Putins Russland, Xis China und womöglich Trumps USA eine starke EU. Aber das ist keine, die jeden Furz ideologiebehaftet regeln will (“Public Choice” lässt aber leider genau das erwarten…), sondern die sich auf das konzentriert, was die Zusammenarbeit stärkt.

    Auch wenn Sie und die Demonstranten etwas anderes bevorzugen: Aus Sicht eines Konservativen wird die CDU nicht darum herumkommen, im Osten der Republik Minderheitsregierungen zu bilden. Ohne Absprache mit irgendwem. Aber nur so kommt sie in die Lage, ihre eigenen Vorstellungen so zu formulieren, dass die Gegenpositionen von weiter rechts und von links deutlich werden. Und man sieht, wo Kompromisse möglich sind und wo nicht. “Brandmauern” sind Bullshit. Wer die AfD klein halten will, muss die CDU stärken und nicht zum Scheinriesen degradieren.

    Noch eins: Ob Merz “Migranten-Bashing” betrieben hat oder nicht, darüber kann man sich streiten. Dass aber die Migration Probleme aufwirft, die es ohne Migration nicht geben würde, und dass diese Probleme sich in bestimmten Verhaltensweisen zeigen, sollte eigentlich ein “No-Brainer” sein. Um so verwunderlicher, dass immer wieder versucht wird, das zu leugnen oder klein zu halten. Und sei es dadurch, dass man in überzogener Manier den CDU-Vorsitzenden angreift.

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