Das Bildungswesen in Deutschland ist bekanntlich komplex. Beispiel Schule: Die Kommunen sind für Schulgebäude und Ausstattung, die Länder für Personal und Lehre zuständig. Jetzt will auch der Bund mitspielen und Lehrern und Schülern Computertechnik spendieren.
Es gibt einen einfachen Grundsatz für gelingendes gesellschaftliches Zusammenleben: es ist der von der Zuordnung von Verantwortung. Wer handelt, der soll die Folgen zu spüren bekommen. Im Guten, wenn der Unternehmer oder Politiker den Gewinn in Form von Geld beziehungsweise Wählerstimmen für gute (Unternehmens)Politik einfährt, wie im Schlechten (Firmenpleite, Abwahl).
Nur wenn Entscheidung und Haftung zusammenfallen, kann Marktwirtschaft und Demokratie funktionieren. Weil dann die Menschen nicht nur zum eigenen Wohl, sondern auch zum Wohle anderer handeln. Weil dann der Unternehmer bessere Produkte entwickelt, um neue Kunden (mehr Umsatz) zu generieren. Weil Politik dann umsetzt, was die Wähler wünschen.
In der Bildungspolitik fehlt jegliche Zuordnung. Ein größeres Auseinanderfallen von Risiko und Haftung ist schwer vorstellbar.
Den Kommunen fehlt weitgehend die Steuerhoheit. Ohne Diskussion und Entscheidung aber, wie viel Geld vom Bürger in Form von Steuern verlangt werden soll, um öffentliche Projekte zu finanzieren, ist das Prinzip von Risiko und Haftung nicht umzusetzen.
Die Landespolitik erhebt ebenfalls keine relevante Steuer und zeigt bei finanziellen Problemen regelmäßig mit dem Finger nach Berlin.
Und die Bundespolitik hat zwar im Grunde keine bildungspolitische Aufgabe, will aber das Thema ebenfalls beackern, weil es wahlrelevant ist. Jetzt sollen mit Bundesmitteln 40.000 Schulen mit Breitband und Computer ausgestattet werden. Und die Länder sollen die dazu passenden Bildungsangebote entwickeln. Und ohne die für Infrastruktur zuständigen Kommunen wird sich das Ganze nicht umsetzen lassen.
Man kann sich ganz gut ausmalen, wie es laufen wird: Technische Voraussetzungen (Kommune), Lehrpläne und Personal (Land) sowie Computer (Bund) und Schüler werden nur in glücklichen Zufällen gewinnbringend zueinander finden. Was dagegen häufig vorkommen wird: Computertechnik wird schon vor der Inbetriebnahme veraltete und die Lehrerfortbildung nicht auf dem neuesten Stand sein. Und klappt das doch, wird die Haustechnik streiken.
Darunter werden Schüler, Lehrer und Eltern leiden. Vor allem für erstere ist ein solche Verantwortungslosigkeit nicht zumutbar. Sie werden zum Unterricht gezwungen, haben keine andere Wahl.
Wenn der Staat aber Menschen zwingt, hat er eine besondere Verantwortung. In dem Fall, das bestmögliche Bildungsangebot zur Verfügung zu stellen. Die gegenwärtigen Strukturen ermöglichen dies nicht.
Der Wähler aber kann fürs Nicht-Funktionieren niemanden zur Verantwortung ziehen.
Oder aber alle.
Das politische Establishment klagt gerne über Politikverdrossenheit der potenziellen Wähler. Wenn aber nicht klar ist, wer für welche politische Entscheidung steht und was diese Entscheidung den Steuerzahler (Wähler) kostet, dann wird sich an dieser Verdrossenheit nichts ändern.
Schlechte Politik, für die keiner verantwortlich ist: So werden jene politischen Ränder stärker, die man zwei Mal nicht in Verantwortung mit unzureichender Kontrollmöglichkeit sehen möchte.
Oder anders gesagt: Die etablierte Politik hat es selbst in der Hand, Politikverdrossenheit erfolgreich zu bekämpfen. Nicht mit schönen Reden, nicht einmal mit guten Taten. Schlicht mit besseren Strukturen.