Welcher Erwachsene würde es sich gefallen lassen, über viele Jahre täglich eine ihm zugewiesene Institution besuchen zu müssen? Kindern und jungen Erwachsenen muten wir dies zu. Weil wir die Macht haben. Weil wir es nicht anders kennen. Der staatliche Schulbesuch ist eine Kollektiverfahrung unserer Gesellschaft. So fehlt der alternative Blick, das Wissen und die Erfahrung darüber, wie Aufwachsen auch sein könnte. So war es früher schon, warum sollte es heute anders sein? Denken viele. Beziehungsweise denken nicht. Denken nicht weiter. Was möglich wäre.
Wir sollen selbständig werden und innovativ. Weil dies grundlegende Eigenschaften für eine offene, sich entwickelnde, freie Gesellschaft sind. Nie haben sich die Lebensbedingungen schneller geändert. Mindestens im Berufsleben. Weil nie schneller neues Wissen entstand. Das passt nicht zu einer Gesellschaft, in der noch immer im Alter von spätestens sieben Jahren fast alle täglich über viele Stunden angepasst und still sitzen, ohne sich viel bewegen zu dürfen und dabei Dinge lernen, die sie nicht mitbestimmen dürfen, und bewertet werden nach Werten und Normen, die an anderer Stelle festgelegt wurden, dem eigenen Einfluss entzogen. Innovativ und selbständig werden Menschen so höchstens trotz, nicht wegen des Schulsystems.
Entwicklungsräume, statt Lernvorgaben, Lehrer auswählen können, statt vorgesetzt zu bekommen, Entscheidungen frei treffen dürfen (und so Verantwortung lernen), statt Lehrpläne abzuarbeiten – welche staatliche Schule folgt diesem Weg? Und wo kämen wir hin, wenn wir alle in diese Richtung gehen würden?