Land ohne Studiengebühren: Warum jetzt auch noch Bayern einknickt

Jetzt also scheint die FPD in Bayern beim Thema Studiengebühren einzuknicken. Damit würde im letzten Bundesland die Beteiligung der Studenten an den Kosten ihrer Ausbildung fallen.

Das war abzusehen. Was hätte die arme FDP auch tun sollen? Das Thema “Pro Studiengebühren” ist ein Verliererthema in Deutschland, nur geschlagen von “Contra gesetzlicher Mindestlohn“.

Die Deutschen wollen einen Mindestlohn, die Deutschen wollen keine Studiengebühren. Aus vermeintlichen Gerechtigkeitsgründen.

Zum Teil ist das nachvollziehbar. Gerecht, im Sinne der Chancengerechtigkeit ist, wenn jeder, der die intellektuellen Voraussetzungen erfüllt, auch studieren kann. Die Kosten dürfen kein Hindernisgrund sein. Ungerecht ist, dass die gesamte Gesellschaft, also auch Arbeitslose und Menschen mit geringem Arbeitseinkommen, den Aufstieg einer Gesellschaftsgruppe (angehende Akademiker) finanzieren soll.

Keine Gesellschaftsgruppe verdient mehr als Akademiker, nirgendwo ist die Arbeitslosenrate geringer.

Die Finanzierung des Studiums durch die Gesellschaft ist eine gigantische Umverteilung von unten nach oben.

Wieso gibt es dennoch einen gesellschaftlichen Konsens über die Abschaffung der Studiengebühren? Weil, wie so oft, eine relativ kleine Gruppe von Profiteuren (Studenten) die Deutungshoheit über das Thema erlangt hat. Weil es für sie besonders viel zu gewinnen bzw. zu verlieren gibt, engagieren sie sich stark, organisieren Demos, besetzen Debatten, initiieren Volksbegehren. Im Gegensatz zur gesamten Gesellschaft der Finanziers. Weil alle zahlen, fehlt organisierter Protest. Welche Gruppe sollte “Pro Studiengebühren” auf die Straße gehen? Studenten? Rentner? Arbeitslose?

Vielleicht hat sich aber auch die Politik nur dumm angestellt. Hätte sie parallel zur Einführung von Studiengebühren die Studiumsfinanzierung deutlich ausgebaut, hätte sich das Argument, dass Studiengebühren ungerecht seien, weil es ärmere Menschen von Bildung abhängt, nicht verfangen.

Im Übrigen: Tatsächlich haben Studiengebühren auch ohne ausreichendes staatliches Finanzierungssystem Studenten nicht vom Studieren abgehalten. Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) hat die Frage untersucht, “ob Studienberechtigte in Deutschland durch Studiengebühren von einem Studium abgehalten werden.”

Ergebnis:

Mit keiner der durchgeführten Analysen kann ein negativer Effekt von Studiengebühren auf die Studierneigung identifiziert werden.

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4 thoughts on “Land ohne Studiengebühren: Warum jetzt auch noch Bayern einknickt

  1. Man muss einfach analytisch an die Sache herangehen: Ersetzen Studiengebühren staatliche Mittel oder sind sie zusätzlich? Sind sie zusätzlich – d.h. bei Einführung wird die staatliche Finanzierung nicht zurückgefahren und bei Abschaffung werden die Gebühren nicht ersetzt – dann belasten Studiengebühren die Studenten oder deren Eltern. Die Verteilungswirkungen hängen von der Verwendung der Studiengebühren ab (Finanzierung von HiWi-Stellen für Studenten mit geringem Einkommen oder Kauf von Flachbildschirmen?).

    Werden nun wegfallende Studiengebühren ersetzt (vgl. BaWü), kann die Verteilungsfrage einzig dann beantwortet werden, wenn man weiß, wie der Wegfall gegenfinanziert wird.

    Fazit: Allgemein lässt sich nichts über die unmittelbaren Auswirkungen von Studiengebühren auf die Einkommens- und Vermögensverteilung sagen.

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  2. Die Umverteilung von unten nach oben ist durchaus ein Problem. Mich würde aber interessieren, ob es dazu Untersuchungen gibt, die z.B. aufzeigen oder nicht, dass durch das Bezahlen der Studiengebühren mehr junge Leute studieren gehen? Und ob diese Menschen dadurch auch mehr Arbeitsplätze erzeugen, weil sie z.B. mehr Firmen gründen, als diejenigen ohne Studium?

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