Die Freiheit ist bekanntlich ein hohes Gut. Vielleicht das gesellschaftlich höchste. Im Grunde berufen sich alle politischen Richtungen auf die Freiheit. Dass der Mensch seinem Willen, seinen Wünschen folgen kann, gilt heute als selbstverständlich. Gestritten wird eigentlich nur darüber, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Mit mehr Sozialstaat oder mit weniger zum Beispiel.
Schwieriger verhält es sich mit den Grenzen der Freiheit.
Die Suche nach diesen Grenzen ist so wichtig, weil heute jene am lautesten nach Freiheit rufen, die sie am Ende zerstören werden, nämlich dann, wenn sie so mächtig geworden sind, dass sie nicht mehr von dieser Macht zu lassen brauchen, die dann, um ihre Macht zu zementieren, die Freiheit anderer einschränken werden.
Es klingt also nur auf den ersten Blick absurd, dass Freiheit Grenzen braucht, die diese Freiheit schützt.
Was aber sind nun diese Grenzen?
Schauen wir zunächst in einen gesellschaftlich weniger strittigen Bereich: die Wirtschaft. Dort werden, um Monopole zu verhindern, regelmäßig Unternehmen gemaßregelt. Wer im Verdacht steht, alleiniger Anbieter eines Produkts oder einer Dienstleistung zu sein, muss dieses Angebot so ändern, dass auch die Konkurrenz eine Chance bekommt. Bisweilen werden Firmen dazu gezwungen, ganze Unternehmensbereiche zu verkaufen.
In Deutschland wird dieser scharfe Einschnitt in die unternehmerische Freiheit über das 1957 auf Bestreben des damaligen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard eingeführte Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung geregelt – übrigens wenig überraschend gegen den Willen der damals wirtschaftlich Mächtigen, die sich im Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) versammelt hatten (und noch heute dort versammeln).
Warum wird so scharf gegen Monopole vorgegangen? Weil so viele danach streben. Weil wer es erlangt, reich wird. Weil dann die Preise in die Höhe getrieben werden können und die Qualität nach unten. Aber das hat eben seinen Preis. Monopole gehen auf Kosten der Kund:innen.
Zurück zur Politik. Dort sind Folgen von Monopolen noch gravierender. Der Ein-Parteien-Staat oder ein Herrscher oder Herrscherin, der oder die sich nicht mehr abwählen lassen, sind der Worst-case jeder Gesellschaft. Um ein solches Monopol zu verhindern, werden Freiheiten an allen Ecken und Enden beschnitten. Amtszeiten werden beschränkt, Machtbefugnisse auf diverse Institutionen verteilt, Informationsmonopole bekämpft.
Freiheit stirbt also, wenn Freiheit grenzenlos wird. Deswegen muss sie geregelt werden. Und zwar nicht nur dort, wo die Freiheit des einen die Freiheit des anderen beeinträchtigt, sondern auch an jenen Stellen, wo Freiheit zu Machtkonzentration führen kann.
Die Mächtigen haben sich noch immer gegen diese Freiheitsbeschränkung gewehrt. Sie fürchten um ihre Macht. Zu Recht. Die Limitierung von Freiheit dient ja genau diesem Zweck. Deswegen ruft Elon Musk an jeder digitalen Ecke so laut nach der Freiheit. Deswegen schreibt es die AfD auf Wahlplakate. Sie rufen nach Freiheit, weil sie die grenzenlose Freiheit wollen – für sich. Und deswegen muss sie beschränkt werden. Deswegen brauchen Portale wie X und Facebook Regeln des Umgangs, zum Beispiel Faktenchecks. Deswegen ist die Willkür von Donald Trump, Zölle scheinbar nach Belieben verhängen zu wollen, keine Freiheit, sondern genau das: Willkür. Deshalb braucht Freiheit Regeln. Damit die Freiheit nicht stirbt.
Diese Argumentation hat mindestens eine Schwäche, nämlich die Nichtdefinition des Begriffs “Macht”. Welche Macht soll Elon Musk haben? Und Unterstellungen von Motiven sind keine sinnvollen Begründungen.
Die Macht Trumps, Zölle nach Belieben verhängen zu dürfen, wurde ihm offenbar von der amerikanischen Verfassung verliehen. Selbstverständlich darf er sie dann nutzen, wie er will, auch wenn er damit eine Menge Schaden anrichtet, u.a. weil er die Inzidenz der Abgaben nicht versteht.
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