Welche Schuldenbremse im Jahr 2025?

Es ist nachgerade ein religiöser Kampf, der seit vielen Jahren rund um die Schuldenbremse in Deutschland geführt wird. Jede Seite hat ihr eigenes Glaubensbekenntnis. Die eine sieht den Staat per se skeptisch. Traut ihm nicht zu, mit dem ihm anvertrauten Geld gut umgehen zu können. Schon gar nicht, wenn es das Geld zukünftiger Steuerzahler:innen ist. Auf der anderen Seite stehen jene, die den Staat als Gestalter der Zukunft sehen. Die in einen reinen Nachtwächter-Staat, also einem Staat, dessen Kernaufgabe die Verantwortung der Einhaltung von Gesetzen ist, den Weg zum Untergang der Demokratie sehen.

Beide Seiten haben gute Argumente auf ihrer Seite.

Wer Recht hat, beziehungsweise in welcher Ausprägung dazwischen die angemessene Staatstätigkeit liegt, entscheidet sich im Licht der Realität der Gegenwart.

Und hier liegt das Problem von Glaubenssätzen. Sie verschleiern den Blick auf diese Realität. Auf das, was jetzt richtig und notwendig ist. Man leugnet die Realität, weil man sonst von seinem Glauben lassen müsste.

Dieses Phänomen hat die Politik und die Ökonomik nicht exklusiv. Es liegt in der Natur des Menschen.

Die sieben Ökonom:innen, die in der ZEIT einen Aufruf gegen die Lockerung der Schuldenbremse zu Gunsten von mehr Sicherheit und gegen das Sondervermögen für eine bessere Infrastruktur veröffentlicht haben, kritisieren in ihrem Text in erster Linie, und dann, wenn sie am Ende ihres Textes Alternativen anbieten, Vorschläge machen, ist nur einziger dabei, der den Ernst der Lage in den Blick nimmt, und das auch nur halbherzig. Die anderen Vorschläge mögen alle im Prinzip richtig sein, aber sie helfen (bei Umsetzung) lediglich in der mittleren und langen Frist. Von Struktur-Reformen, die in der einigermaßen fernen Zukunft mehr Steuergeld in die Staatskassen spülen, lassen sich heute keine Patriot-Systeme in Auftrag geben (die Lieferung wird lange dauern, weil die Auftragsbücher beim Hersteller gut gefült sind), die im Falle eines Angriffs Putins, Deutschlands Großstädte halbwegs schützen können. Und es lässt sich damit nicht jetzt Infrastruktur erneuern, sodass Indikatoren über Wirtschaft und Stimmung in Deutschland wieder nach oben weisen – und die der AfD nach unten.

Der einzige Vorschlag, wie gesagt, der dieses Thema adressiert, bleibt halbherzig. Die sieben Ökonom:innen können sich Verschuldung für Verteidigung vorstellen, aber nur temporär.

Nichts aber ist Diktatoren lieber, als eine verlässliche Planung darüber, zu was das Land, das man potenziell anzugreifen gedenkt, militärisch in der Lage sein wird.

Wie gesagt, es gibt gute Gründe, Staatsverschuldung zu begrenzen.

Vielleicht ist der wichtigste der, dass man in Zeiten wie diesen das Potenzial hat, sich kräftig zu verschulden.

Das gut zu finden, braucht die Einsicht in die Realität. Darüber, wie ernst die Zeiten sind. Wer an Glaubenssätzen festhält, wird diese Einsicht verwehrt bleiben.

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