Die Lust am Niedergang: Was Klima-Aktivist:innen und AfD-Wähler:inen gemeinsam haben

Der Mensch neigt zum Glauben an die Apokalypse. Schon immer. Das Ende hat stets dann besonderen Reiz, wenn die Zeiten unübersichtlich und die Verhältnisse schwer erträglich scheinen. Das gilt für gesellschaftliche Entwicklungen wie für einzelne Schicksale gleichermaßen. 

Die Apokalypse scheint gerade wieder Konjunktur zu haben. An beiden Rändern des politischen Spektrums. Die einen glauben an den Weltuntergang infolge der Klimakrise. Am anderen Ende wird gepredigt, dass es gerade diese Klima-Aktivist:innen seien, die uns in den Abgrund rissen. Energiekrise, Verbrenner-Aus, Heizungsverbot, steigender CO2-Preis. Zusammen mit dem Migrationsthema und dem vermeintlichen Niedergang der deutschen Wirtschaft lässt sich ein schickes Untergangsszenario von einem verarmenden, von anderen Staaten ausgenutzten und von fremden Kulturen überrollten Deutschland erzählen. 

Ein Staat lässt sich mit diesen Menschen nicht machen. Sie sind in den Niedergang verliebt, nicht in die Lösung. Sie wollen, dass es anderen nicht besser geht als ihnen, besser schlechter. Sie suhlen sich im vermeintlichen gesellschaftlichen Niedergang, weil sie damit begründen können, keine Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen zu müssen. Sie sind so sozialisiert worden, dass sie glauben, dass das Leben kaum Gutes für sie bereit hält. Ach, was weiß denn ich, was die Gründe sind! Psycholog:innen und Soziolog:innen wissen hier bescheid. 

Aus der Sicht der politischen Ökonomie ist entscheidend, dass man solche Menschen mit ernsthaften Lösungsangeboten nicht erreichen kann. Die in Aussichtsstellung eines Wandels zum Besseren ist nicht gefragt, kann die Betroffenen nachgerade in eine Existenzkrise stürzen. Sie glauben nicht an Besserung, an das Gute, also wählen sie Politiker:innen, die erzählen, dass das Bessere und Gute nicht kommen wird. 

Wobei, genau genommen stimmt das nicht ganz, hoffen doch auch viele Apokalyptiker:innen auf das Gute, nämlich auf Erlösung nach der Apokalypse. Das Himmelreich nach dem großen Knall. Der starke Führer (die starke Führerin?) nach dem Ende der (bisweilen ach so mühsamen und komplizierten) Demokratie. Dem wundervollen Leben, völlig eins mit der Natur, wenn erst einmal der ausbeuterische Kapitalismus abgeschafft ist. You name it. 

Allen ist gemein, das sie nicht im Hier und Heute nach pragmatischen, kleinen Schritten hin zu einem besseren Leben suchen und daran mitarbeiten wollen. Aber genau so funktioniert Demokratie. Step by step. Mühsam, bisweilen Ungewiss im Ausgang. Aber eben meist auch erfolgreich, weil viele mitmachen, mitmachen können, weil die Demokratie jedem und jeder die Möglichkeit dazu gibt.

Auf dass es immer genug Menschen geben wird, die sich an dieser Suche nach einem besseren Leben beteiligen!

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