
“Der Platz eines Staates auf der Landkarte darf nicht darüber entscheiden, welcher Anteil an Arbeit ihm zukommt”, beschreibt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seine Vision zukünftiger europäischer Flüchtlingspolitik. Die Gegenwart ist das Gegenteil davon. Falsche Anreize führen zu Chaos, Leid und vermutlich Milliarden-Kosten.
Die Kette falscher Anreize läuft beispielhaft so: Weil Italien für viele Migranten nur der Landepunkt ist, hat der italienische Staat bedingtes Interesse daran, hohe Kosten für Grenzsicherung und angemessene Behandlung der Geflüchteten zu tragen. Die Geflüchteten wollen sowieso das Land Richtung Norden verlassen. Weil Österreich aber die meisten Geflüchteten nicht will, entstehen am Brenner-Grenzübergang nun teure Kontroll- und Sicherungsanlagen. Italien will diese verständlicherweise verhindern. Denn wird die neue Grenzsicherung ihren Zweck erfüllen, bleiben mehr Geflüchtete in Italien. Dies wiederrum wird Italien ermutigen, den Aufwand seiner Grenzsicherung zu erhöhen.
So funktioniert aktuell europäische Flüchtlingspolitik: Jedes Land sichert zunehmend seine eigenen Grenzen, wodurch mittelfristig auch die Außengrenzen der EU undurchlässiger werden.
Die Probleme: Die individuellen Grenzsicherung inklusive der Rückkoppelung braucht Zeit, sie ist deutlich teurer im Vergleich zur Sicherung lediglich der EU-Außengrenze, vor allem aber wird die Schutzsuche der Schutzbedürftigsten schwerer. Denn werden die Wanderungsbewegungen innerhalb der EU erschwert, bleiben also die Geflüchteten zunehmend in den Außenländern, werden diese die Einreise allein schon aus Kapazitätsgründen radikal beschneiden müssen.
Gute Ordnungspolitik würde dagegen Asylrecht und Sicherung der Außengrenzen gemeinschaftlich festlegen, auch und vor allem deren Finanzierung. Mindestens die neuen Schranken innerhalb Europas müssten dann nicht errichtet werden.