Der Mensch sollte das Beste aus seinem Leben machen, hört man bisweilen. Aber was heißt das eigentlich? Soll er unter den gegebenen Bedingungen versuchen, ein glückliches Leben zu führen? Wenn er beispielsweise wenig Geld hat, lernen, damit zufrieden zu sein und nicht neidisch auf jene schauen, die mehr haben? Oder soll er vielmehr versuchen, mehr Geld zu verdienen?
Ändere, was du ändern kannst, akzeptiere, was unveränderbar ist, ist der Kern diverser Lebensweisheiten. Das Problem dabei: Wir wissen im Vorhinein häufig nicht, für was es sich einzusetzen lohnt. Ebenfalls problematisch: Eine Ebene färbt auf die andere ab. Wer etwa für eine Sache kämpft und verliert, kann sich schwer tun, sich mit den daraus ergebenden Folgen zu arrangieren.
Im Kern sind es nämlich immer diese zwei Ebenen: Eine äußere, etwa Auseinandersetzungen mit Behörden oder Strukturen im Staat, der eigenen Stadt, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz, in einer Beziehung und eine innere, bei der es im Wesentlichen darum geht, wie man denkt, sich einstellt, sich verhält zu seiner Umgebung.
Wenn ich für meinen schulpflichtigen Sohn eine Schule außerhalb des staatlichen Schulssystems suche, weil ich glaube, dass der staatliche Schulunterricht die Selbstfindung behindert, wenn ich am Ende eine solche Schule nicht finde: Wird es mir dann gelingen, ihn dabei zu unterstützen, das beste aus seinem Schulleben zu machen? Oder werde ich die Ebenen durcheinanderbringen, vielleicht sogar mit Absicht? Wird dann allzu schnell Schuld auf Schule und Struktur geschoben, wenn etwas nicht läuft wie gedacht? Anstatt die Verwantwortung für gelingendes Leben in erster Linie bei sich selbst zu suchen?
Wer in gesellschaftlichen Ordnungen denkt, entlässt den Einzelnen gerne aus der Verantwortung. Der Politiker ist dann kein Wendehals, er richtet sich nach der Stimmung der Wähler, und der Unternehmer als Monoplist verlangt höhere Preise, weil es an Konkurrenz fehlt, nicht weil er egoistisch handelt.
Es ist richtig und wichtig, die Suche nach einer guten Gesellschaft auf dieser zweiten, äußeren Ebene stattfinden zu lassen und damit den Menschen die systematische Verantwortung zu nehmen, sich stets zwischen eigenem und dem Vorteil anderer entscheiden zu müssen. So entkommt, bei Konkurrenz zwischen Firmen, der Unternehmer aus dem moralischen Dilemma bei der Preisfestsetzung, weil er eben keinen (großen) Spielraum hat. Sein eigenes Vorteilsstreben wird so zum Vorteil aller.
Auf der anderen Seite: Ein falscher Rahmen (zweite Ebene) entlässt den Einzelnen nicht aus der Verantwortung. Der Politiker muss sich fragen, ob er die Stimmen bringende Meinung mit den eigenen Überzeugungen in Einklang bringen kann; der Unternehmer muss bei fehlender Konkurrenz Preis und Qualität in Abwägung der eigenen und der Interessen der Kunden festlegen; und ich muss dafür sorgen, dass mein Sohn in den kommenden Schuljahren sich seinen Wunsch nach Entfaltung bewahrt. Unter allen Bedingungen.