Besser nicht weiter denken: Warum die Schäuble-Kritiker falsch liegen

Wenn die Welt kompliziert wird, dann helfen Personalisierung und Emotionalisierung. Weil der Mensch sich schneller eine Meinung über Mitmenschen bilden kann als mittels Durchdenken komplexer Zusammenhänge.

So ist Wolfgang Schäuble zur Hassfigur derjenigen in der Griechenlandkrise geworden, denen die “Geld gegen Reformen”-Politik der Kreditgeber gegen den Strich geht. Und die Opposition ist munter dabei. Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Partei Bündnis 90/Die Grünen, hat eben in den “Informationen am Morgen” im Deutschlandfunk allen Ernstes gesagt, Wolfgang Schäuble würde es darum gehen, Griechenland zu demütigen.

Ich halte Cem Özdemir für eine schlauen Menschen. Ich glaube nicht, dass er das wirklich denkt, ich glaube, er spielt ein Spiel mit, das sich ihm anbietet, weil es ihm und seiner Partei nutzt.

Er setzt darauf, dass viele Menschen der Meinung sind, bei der Griechenlandkrise gehe es mittlerweile nur noch um Revanche, um Bösartigkeiten und Befindlichkeiten. Dabei ist Politik viel rationaler. Politiker suchen ihren Vorteil. Auch Cem Özdemir. Er wirbt um die Stimmen der so Denkenden. Und er bestärkt diese Menschen wider besseren Wissens in ihrer Denkweise.

Viele Menschen haben das verständliche Gefühl, dass den (tatsächlich teilweise) armen Griechen geholfen werden müsse. Und wie hilft man Menschen? Indem man solidarisch ist! Nicht indem man Forderungen stellt. Das sagt der gesunde Menschenverstand. Aber der täuscht eben bisweilen.

Ginge es nach diesem gesunden Menschenverstand, müsste nämlich die Alternative zu “Geld gegen Reformen” “Geld (fast) ohne Reformen” heißen. Wenn aber etwas weniger hilft gegen die Griechenlandkrise als die Austeritätspolitik der Troika, dann wäre es, der Regierung Griechenlands neues Geld ohne Gegenleistung zu geben. Niemand, der der Meinung ist, in Griechenland muss sich etwas ändern, wird eine Politik gutheißen, die es ermöglicht, dass sich (mindestens kurzfristig) nichts ändern muss.

Im Kern besteht die Alternative zu Schäubles Linie darin, Griechenland kein neues Geld zu geben. Griechenland müsste dann aus dem Euro austreten. Eine neue, abgewertete Währung würde der griechischen Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit zurück geben. Gleichzeitig würden die Griechen ärmer, weil ausländische Produkte teurer würden. Und die Geldgeber (vor allem EZB und europäische Staaten) müssten sämtliche an Griechenland vergebene Kredite abschreiben.

Das ist die eigentliche Alternative zu Schäubles Haltung. Dieser Erkenntnis verweigern sich die meisten Schäuble-Kritiker. Weil es kein einfacher Weg wäre. Für keinen.

Cem Özdemir verliert im Deutschlandfunk am Morgen dazu kein Wort. Im Gegenteil. Griechenland müsse im Euro gehalten werden, sagt er, und schmiert den Gutmenschen seiner Partei Honig ums Maul. Alles würde gut werden, wenn wir netter wären zu den Griechen, mehr Solidarität zeigen würden, so der Subtext seiner Botschaft. Das mag seiner Partei helfen, mindestens den Griechen schadet es.

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