Grexit: Scheitert die Politik, scheitert nicht Europa

Die Verhandlungen zwischen Griechenland und den Kreditgebern drohen zu scheitern. Sie werden es vermutlich nicht. Weil die Politiker auf beiden Seiten wenig Interesse daran haben.

Die griechische Regierung braucht neues Geld und Schuldige. Ohne die Milliarden der Troika müsste die Regierung von Alexis Tsipras Ausgaben (stärker) kürzen, vor allem aber müsste sie sich für diese Maßnahmen vor ihren Wählern verantworten. Sie könnte nicht mehr auf die Kreditgeber verweisen, die für frisches Geld verhasste neoliberale Reformen fordern. Sie wären selbst verantwortlich.

Und Angela Merkel müsste mit einem (wiederholten) griechischen Staatsbankrott das teilweises Scheitern der europäischen Rettungspolitik eingestehen. Rettungsgelder müssten unwiederbringlich abgeschrieben werden. Die Bundesregierung müsste den Wählern die Verluste erklären.

Angela Merkel will Griechenland nicht scheitern lassen.

Auf der anderen Seite: Die Einheitswährung hat – vor allem in südeuropäischen Ländern – Wohlstandsverluste und Arbeitslosigkeit gebracht. Und viele Wähler in den Geberländern können sich zunehmend eine bessere Verwendung ihrer Steuergelder vorstellen.

Denn anders als bei der Euroeinführung versprochen, hat sich eine Transferunion etabliert. Anders als etwa beim Länderfinanzausgleich in der Bundesrepublik ist die Euro-Transferunion aber instabil.

Sie steht auf einer rechtlich fragwürdigen Grundlage. Viel wichtiger: Jedes Land kann sich potenziell aus der Transferunion verabschieden. Dafür fehlt zwar ein Rechtsrahmen. Aber den wird es nicht brauchen. Die Macht des Faktischen ist stärker als fehlende vorgezeichnete Austrittswege. Denn Nationalstaaten sind immer noch mächtig. Bilden sich darin Mehrheiten, etwa gegen eine Einheitswährung, dann wird deren Regierung (oder eben eine neu gewählte) diesem Wunsch folgen.

Die Stärke der Nationalstaaten könnte also verhindern, dass aus der provisorischen eine dauerhafte Transferunion wird. Es könnte ein Glück sein. Wohin die Vergemeinschaftung von Schulden führt, kann seit Jahrzehnten am bundesdeutschen Länderfinanzausgleich beobachtet werden. Nehmerländer bleiben (in aller Regel) Nehmerländer. Geberländer bleiben Geberländer. Weil zu nehmen, bequemer ist, und weil sich die Minderheit der Geberländer in einem demokratisch organisierten Prozess gegen das dauerhafte Geben nicht wehren kann.

Für den Wohlstand und für ein gedeihliches Miteinander ist eine solche Verantwortungslosigkeit nicht dienlich.

Vielleicht wäre ein Grexit der Anfang vom Ende einer fehlerhaft konstruierten Währungsunion. Wie gesagt, es könnte ein Glück sein. Eine Gemeinschaftswährung ist nicht zwingend notwendig für ein gutes Miteinander und für Wohlstand in Europa. Sie ist aber in der Lage, beides zu gefährden.

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