Ergebnisse von Volksentscheiden haben die Tendenz zum Strukturkonservatismus. Das alles so bleibt wie es ist. Mindestens bei Abstimmungen über Bebauungsfragen. Weil jene abstimmen, die durch Veränderung was zu verlieren hätten. Die Eingesessenen, die Altmieter, die Wohnungseigentümer – die Besitzstandswahrer also.
Die möglichen Gewinner sind unbestimmt. Jene, die etwa durch neuen Wohnraum in neuen Wohnraum ziehen könnten. Die aber von ihrem Glück noch nichts wissen, nichts wissen können. Weil das Glück in der fernen Zukunft liegt. Die potenziell Glücklichen vielleicht noch nicht einmal geboren sind.
So war es jetzt beim Berliner Volksentscheid über die weitere Verwendung des ehemaligen Flughafen Tempelhof. Gewonnen haben jene, die sich (verständlicherweise) freie Sicht und viel Freifläche wünschen. Es sind vorwiegend jene, die bereits Wohnraum haben. Die bereits in der Stadt leben. Die ihren Platz gefunden haben. Die Verlierer haben kein Gesicht. Das hilft den Besitzstandswahrern. So kommt ein schlechtes Gewissen erst gar nicht auf.
Über die Folgen des Volksentscheids:
Günstiger Wohnraum ist in Berlin zumindest innerhalb des S-Bahn-Rings inzwischen knapp geworden. Schon jetzt kämpfen viele Berliner mit steigenden Mieten, die sie mit ihrem geringen Einkommen kaum noch bezahlen können.
Ergänzung; 27. Mai 2014
Interessant, Regional im Puls weist auf Twitter …
.@pixeloekonom Wähler haben einen Blick für die Zukunft http://t.co/AJJBny2kwb Besitzstandswahrer ist zu pauschal #TempelhoferFeld
— regional im puls (@_regionalimpuls) May 27, 2014
… auf eine Auswertung aller Bürgerbegehren in Bayern hin (von Mehr Demokratie), wonach von einer pauschalen Zustimmung zu Bürgerbegehren nicht die Rede sein kann:
Bei knapp der Hälfte (45,58 Prozent) der Bürgerbegehren kam es nicht zu einem Bürgerentscheid. So wurde in gut einem Drittel der Fälle das Bürgerbegehren nur angekündigt, vor einem Entscheid zurückgezogen oder vom Gemeinderat für unzulässig erklärt. Sieben Verfahren wurden positiv erledigt durch einen Gemeinderatsbeschluss, das heißt der Gemeinderat übernahm das Anliegen des Bürgerbegehrens. Knapp ein Viertel der Bürgerentscheide (16) wurde im Sinne des Begehrens entschieden oder im Stichentscheid angenommen und genauso viele Bürgerentscheide wurden abgelehnt. Wenn man das formale Ergebnis betrachtet, stimmen die Bürger also ausgewogen ab.
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