Wie der ermäßigte Mehrwertsteuersatz Kaffeeläden klein hält

Rechnung Kaffee Manolo, ermäßigte Mehrwertsteuer

Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von aktuell 7 Prozent führt bekanntlich zu zahllosen Verrücktheiten – man könnte auch sagen zu Wohlfahrtsverlusten. Eine davon wird mir jeden Morgen im Kaffeeladen um die Ecke bewusst.

Da ich Kaffee und Croissant im Geschäft konsumiere, muss der Ladenbesitzer 19 Prozent Mehrwertsteuer an das Finanzamt abführen (61 Cent / siehe Foto). Würde ich die gleiche Bestellung to go nehmen, wären es lediglich 7 Prozent (25 Cent).

Da der Kaffeladenbesitzer für beide Kundengruppen (in house / to go) den gleichen Preis verlangt (müsste er freilich nicht, aber möglicherweise werden unterschiedliche Preise von den Nachfragern nicht akzeptiert), bekommt er von mir 3,19 Euro, während er an einem to-go-Kunden 3,65 Euro verdient.

Außerdem: Der Betreiber hat von von jenen, die in seinem Geschäft konsumieren, nicht nur weniger Einnahmen (so er steuerehrlich ist), sie kosten ihm auch mehr (Miete für Ladenfläche, Strom, Heizung).

Folge einer Steuerpolitik mit ermäßigtem Satz: Da es gewinnbringender ist, die Leute nach dem Kauf schnell aus dem Ladem zu bekommen, fallen die Verweilflächen in Kaffeeläden (freilich nicht nur dort) tendenziell kleiner aus als sie es wären, wenn der Staat nicht lenkend in die Entscheidungsfindung der Bürger eingreifen würde.

Auf der anderen Seite: Da sich der ermäßigte Steuersatz in erster Linie auf Dinge des täglichen Bedarfs bezieht (vor allem Lebensmittel), werden niedrige Einkommensgruppen (zumindest relativ gesehen) stärker entlastet. Das Kaffeebeispiel ist aber eben auch ein Indiz dafür, dass die Unterstützung von niedrigen Haushaltseinkommen besser nicht über unterschiedliche Konsumsteuersätze geschehen sollte. Die negativen Folgewirkungen sind unüberschaubar, die Streuverluste dieser Art von Sozialpolitik enorm (zum Beispiel profitieren reiche Haushalte in absoluten Zahlen deutlich stärker vom ermäßigten Steuersatz) und der Einfluss von Lobbyisten führt zu abstrusen Ausweitungen.

-> Eine differenzierte und intensive Betrachtung zu diesem Thema im Wirtschaftsdienst, 90. Jahrgang, 2010, Heft 11 / S. 742-748: Sollte der ermäßigte Mehrwertsteuersatz abgeschafft werden? von Wolfgang Eggert, Tim Krieger, Sven Stöwhase

Dem Pixelökonom auf Facebook, Twitter, Google+ folgen oder RSS-Feed abonnieren.

3 thoughts on “Wie der ermäßigte Mehrwertsteuersatz Kaffeeläden klein hält

  1. Steuern auf Nahrungsmittel sind Diebstahl und unsozial. Daher wäre es wirklich interessant, wenn das endlich mal angesprochen wird.
    Ansonsten ist das nur das Ergebnis der üblichen Rasenmähermethode.

    Like

  2. Das gilt ja nicht nur für Kaffees, sondern für jeden gastronomischen Betrieb. Sei es McDonalds, der Döner um die Ecke oder die Würstchenbude vor Ob mit Sitzgelegenheit.

    Like

Leave a Reply

Fill in your details below or click an icon to log in:

WordPress.com Logo

You are commenting using your WordPress.com account. Log Out /  Change )

Facebook photo

You are commenting using your Facebook account. Log Out /  Change )

Connecting to %s

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.