Wie wichtig eine gutes Image bei der Durchsetzung eigener Ziele ist, über die letztlich die Mehrheit entscheidet, zeigen aktuell die Hebammen. Menschen, die anderen Menschen ins Leben helfen – kann man mehr Gutes tun?
Ärzte wissen schon lange, wie man dieses Image für sich nutzt. Viele sind damit reich geworden. Mein Eindruck: Auch die Hebammen beherrschen diese Klaviatur, genauer gesagt deren Interessenvertretung, der Deutsche HebammenVerband (18.500 der 21.000 Geburtshelferinnen sind im Verband; Organisationsgrad: 88 Prozent!).
Eine gut organisierte und erfolgreiche Interessenvertretung ist freilich nicht verwerflich. Allerdings: Vielleicht passt der in der Öffentlichkeit vermittelte Eindruck nicht ganz zur Realität.
Mit Plakaten wie „Hebammen vom Aussterben bedroht“ und „Sterben auf Raten“ wird der Eindruck vermittelt, als stünde ein Berufsstand vor dem Aus. Dem ist aber vermutlich nicht so. Das legt zumindest ein Hintergrundartikel in der FAZ nahe.
Richtig ist: Aufgrund geänderter Rechtsauffassung von Gerichten steigen die Prämien der Berufshaftpflicht für Hebammen stark.
“Gab es die Haftpflichtpolice im Jahr 2000 noch für 404 Euro, so kostet sie ab Juli 5091 Euro, nächstes Jahr dann 6000 Euro”- FAZ
Richtig ist aber auch: Die Hebammen bekommen dafür mehr Geld von den Krankenkassen, also den Versicherten und damit den potenziellen Kunden der Hebammen. (Ob deren Kampagne genauso aussähe, wenn man das (mehr) Geld direkt von den werdenden Müttern und Vätern einfordern müsste?)
Am Ende profitieren von dem Ausgleich (höhere Prämie, aber auch höhere Krankenkassenzahlungen) tendenziell jene Hebammen, die viel arbeiten, finanzielle Nachteile hat, wer wenig arbeitet. Und zwar deshalb, weil die Krankenkassen die Zahlungen pro Geburtsbegleitung erhöht haben, während die Versicherungsprämie eine feste, von der Geburtenzahl unabhängige, Kostengröße darstellt.
Wie viele nun genau profitieren und wie viele sich schlechter stellen, lässt sich nicht exakt bestimmen. “Die Datenlage ist offenbar schwierig”, heißt es in der FAZ. Mich würde nicht wundern, wenn der Hebammen-Verband selbst zu dieser “Schwierigkeit” beiträgt.
Die Chancen, dass die Hebammen ihre Interessen durchgesetzt bekommen, ist jedenfalls groß. Das gute Hebammen-Image lässt die Politik kleinlaut werden. So heißt es weiter in der FAZ:
“In den Medien finden die Klagen über die Kosten viel Widerhall. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der für April einen Lagebericht angekündigt hat, weiß, dass man sich mit den Hebammen besser nicht anlegt. Im Bundestag verwies er auf die „große Sympathie, auf die die Aktionen der Hebammen bei der Bevölkerung stoßen“. Doch die Sympathie ist ungleich verteilt. Bei Fachleuten in Berlin jedenfalls wächst das Stirnrunzeln über die Lobbyistinnen.”
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Interessante Ansichtssache. Immer wieder interessant zu sehen wie gut organisierte Spezialisten ihre Interessen durchsetzen. Dass so etwas auch nach hinten losgehen kann sieht man ja zurzeit bei den Piloten. Meiner Meinung nach sollten die Krankenkassen zusammen über die Zukunft der Hebammen entscheiden. Würden sich potentielle Eltern gegen die Geburt eines Kindes entscheiden, wenn die Hilfe der Hebamme nicht gegeben ist? Führt ein Arzt die Geburt sicherer durch, und was bezahl dieser für seine Zusatzversicherung? Solche Fragen muss man stellen dürfen.
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