Der Mensch muss von seiner Hände Arbeit leben können. Was für eine zustimmungsfähige Forderung! Was für ein Fehler, den nahe liegendsten aller Rückschlüsse zu ziehen, nämlich ein Gesetz zu fordern, das eine untere Lohngrenze definiert, also einen gesetzlichen Mindestlohn.
Ein solches Gesetz würde ein kleines und ein großes Problem verursachen:
- Das kleine: Das Gesetz wäre nicht zielgenau. Bei einem Mindestlohn von, sagen wir 8,50 Euro, kann vielleicht ein Single über die Runden kommen. Eine Familie lässt sich damit nicht ernähren.
- Das große: Ein gesetzlicher Mindestlohn kann zwar vorschreiben, dass es keine Bezahlung unterhalb einer gewissen Grenze gibt; es kann aber nicht vorschreiben, wie groß die Zahl der Jobs.
Was ist gewonnen, wenn man zwar Hände hat, aber nicht arbeiten darf, gar nicht? Wenn man nicht einmal einen Teil seines Lebensunterhalts selbst erwirtschaften kann.
Ökonomisch wirkt die Einführung eines Mindestlohn ziemlich simpel: Erreicht der gesetzliche Mindestlohn eine relevante Höhe, dann gibt es nach der Einführung eines solchen Mindestlohns weniger Arbeitsplätze als zuvor.
Eine Mindestlohneinführung hat also Gewinner und Verlierer. Es gewinnt, wer seinen Job behält und dank Mindestlohn mehr verdient als vorher; es verliert, wessen Job sich nach der Einführung eines Mindestlohns nicht mehr rechnet, die Produktivität also unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns liegt.
Manche werden sagen, nun ja, so ist das nun mal; es gibt immer Gewinner und Verlierer, so lange die Zahl der Gewinner überwiegt, sei alles OK.
Wer die Freiheit schätzt, wird so etwas nicht gut finden. Niemand sollte das Recht haben, sich über eine freiwillige Vereinbarung dritter hinwegzusetzen. Schon gar nicht, wenn dadurch ein Job verloren gehen kann.
Das von Arbeitgebern finanzierte Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) hat ausgerechnet, wie viele Jobs von einer gesetzlichen Mindestlohnregelung betroffen wären.
Im Falle eines allgemeinen Mindestlohns in Höhe von 8,50 Euro je Stunde müssten bei 19,2 Prozent aller Beschäftigten die Löhne angehoben werden. So groß ist der Anteil derer, die im Jahr 2011 weniger als 8,50 Euro je Stunde verdient haben. Das entspricht etwa 6,1 Millionen Arbeitnehmern.
Mit anderen Worten: Von der Einführung eines Mindestlohn wäre keinesfalls nur eine kleine Gruppe betroffen. Freilich ist damit nicht gesagt, wie viele Menschen nach einer Mindestlohneinführung ihren Job behalten würden und wie viele nicht.
Fest steht, es würden Jobs verloren gehen. Fest steht, die Politik hätte dafür die Verantwortung zu tragen.
By the way: Wer glaubt, dass wer wenig verdient, auch wenig Einkommen hat, verkennt den Unterschied zwischen Arbeits- und Haushaltseinkommen. Letzteres setzt sich nämlich häufig aus mehreren Einkommen zusammen.
Nochmals das IW Köln:
Ein niedriger Bruttostundenverdienst geht nicht zwangsläufig mit einem niedrigen Einkommenswohlstand einher. Von dem Fünftel der Arbeitnehmer mit dem niedrigsten Bruttostundenverdienst gehören nur 26 Prozent auch beim Äquivalenzeinkommen, das den Haushaltszusammenhang berücksichtigt, zum einkommensschwächsten Fünftel. Dies erklärt sich dadurch, dass Arbeitnehmer mit einem Stundenverdienst von unter 8,50 Euro mit ihrem Nettoverdienst nur zu 38 Prozent zum Haushaltsnettoeinkommen beitragen, nicht zuletzt weil sie nur in gut der Hälfte der Fälle in ihrem Haushalt das höchste Erwerbseinkommen erzielen. Daher liegt ihr Armutsrisiko mit 18 Prozent (Vollzeitarbeitnehmer: 14 Prozent) nicht im bedenklichen Maße über dem der Gesamtbevölkerung (14 Prozent). Ein flächendeckender Mindestlohn in Deutschland wäre daher verteilungspolitisch ineffizient.
- Paper: Mindestlohn, Einkommensverteilung und Armutsrisiko; Moritz Heumer / Hagen Lesch / Christoph Schröder; IWKöln
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So weit, so bekannt. Dass das IW Köln gegen den Mindestlohn ist ist ja nichts Neues. Aber die Rechnung der Kölner ist ein bisschen einfach: man kann ja auch schauen, inwiefern ein Mindestlohn etwa öffentliche Einnahmen (Steuereinkommen vs. “Aufstocker”) beeinflusst. In einer britischen Studie habe ich letztens gelesen, dass in UK nach der Einführung des Mindestlohns die Kriminalität zurückgegangen ist – auch das etwas, das sich positiv auf die Gesellschaft auswirkt. Zuletzt: Deutschland ist ja eines der wenigen EU-Länder ohne Mindestlohn. Wie hat sich denn die Einführung des Mindestlohns dort auf die Zahl der Jobs ausgewirkt? Kann man etwas aus deren Erfahrung lernen?
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