Kommen Sie noch heute zu uns in die Wellness-Oase! Schalten Sie auch morgen wieder diese Sendung ein! Verpassen Sie auf gar keinen Fall unsere nächste Ausgabe! – Der Mensch in der kapitalistischen Gesellschaft ist gefragt. Stetig wird seine Aufmerksamkeit gefordert. Er soll hinschauen und hinhören – und im besten Fall kaufen.
Die Medien sind Teil dieser Aufmerksamkeitsökonomie: Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen sowie das Internet stehen im Wettbewerb und kämpfen um die Gunst der potenziell Interessierten. Und weil letzteres Medium das jüngste ist, sind die beobachtbaren Veränderungen am größten. Zum Beispiel die sich ändernden Wege, welche die User im Internet zurücklegen. Kaum etwas interessiert die Ersteller von Webinhalten mehr, als die Frage, warum sich der User eben gerade so durchs Internet bewegt und nicht anders. Wie kann ich den Internetnutzer auf mein Angebot aufmerksam machen? Warum klickt er diesen Link und nicht den daneben? Was bringt ihn, so er erst einmal bei mir war, wieder zu meiner Webseite zurück?
Das Marktforschungsunternehmen Hitwise hat das amerikanische Internet untersucht und kommt zu dem Schluss (Die Zahlen wurden in einem so genannten Webinar veröffentlicht; besser aufbereitet findet man sie hier), dass es zunehmend Netzwerke wie Facebook und Twitter sind, die anderen Webseiten Traffic bringen. Zum Beispiel die Internetseite des Nachrichten-Senders CNN. Noch steht Google auf Platz eins: Keine Seite leitet mehr User auf CNN.com als der Suchmaschinenbetreiber. 13,7 Prozent aller CNN-Besucher haben zuvor ein Suchwort bei Google eingegeben. Aber bereits auf Platz zwei liegt mittlerweile Facebook (6,3 Prozent).
Auch der Mikroblog-Dienst Twitter nimmt an Bedeutung für journalistische Webseiten zu. Hitwise hat in einer weiteren Untersuchung, diesmal für Großbritannien, festgestellt, dass mittlerweile 10 Prozent aller Twitter-Links auf Nachrichtenseiten verweisen.
Den deutschen Markt hat einen Monat lang das amerikanische Marktforschungsunternehmen Comscore beobachtet. Demnach verschaffte Deutschlands größtes Netzwerk, StudiVZ, dem Axel-Springer-Verlag (Bild, Welt) im Monat August 6,5 Millionen Besuche. Bei Twitter dagegen führt die Verlagsgruppe Holtzbrinck (Zeit, Handelsblatt): Über eine Million Besuche gelangten innerhalb dieses Monats über Twitter auf eines der Angebote des Stuttgarter Verlages.
Warum werden Soziale Netzwerke zunehmend zur Verteilzentrale im Internet? Wegen der Quantität und wegen der Qualität. Facebook, StudiVZ und Co erfreuen sich steigender Beliebtheit. Wenn sich mehr User an einer Stelle im Internet aufhalten, steigt auch die Zahl derer, die von dort auf andere Angebote klicken. Das ist schlichte Mathematik. Der zweite Grund ist der interessantere: Links, die von Usern in ein soziales Netzwerk gestellt werden, werden von deren Bekannten mit hoher Wahrscheinlichkeit auch angeklickt. Man verhält sich im Internet eben nicht anders als anderswo. Was Freunde und Bekannte sagen, ist einem wichtiger, als Informationen, die von Fremden kommen. Man vertraut, dass das Angebot, das sich hinter dem Link verbirgt, die Zeit lohnt, die es braucht, um den Inhalt zu erschließen.
Und weil die Informationsangebote zunehmen und ebenso die Wege, an diese Informationen zu gelangen, ist es gut möglich, dass der eingetretene Effekt sich verstärken wird. Dass also Vertrauen immer wichtiger wird, weil eben auch die Zeit kostbarer wird, da die Alternativen, sie zu verwenden, größer werden. Und dass deshalb die User noch stärker als bisher nach Angeboten Ausschau halten, die von Bekannten, Freunden und Experten als linkwertig angezeigt werden. Auch hier verhält sich der Mensch im Internet vermutlich nicht viel anders als außerhalb: Wird das Angebot zu vielfältig, braucht es eine Vorauswahl. Und für diese Vorauswahl braucht es Vertrauen. Freunde und Bekannte sind dafür nicht die schlechteste Wahl.