Google wird nicht ewig leben

Wer Google-Chef Eric Schmidt auf die Dominanz seines Unternehmens bei Suchmaschinen anspricht, erhält häufig folgende beschwichtigende Antwort: “Die Konkurrenz ist nur einen Mausklick entfernt.” Bisher konnte man zurück fragen: “Welche Konkurrenz?” In Deutschland zum Beispiel werden zwischen 80 und 90 Prozent aller Suchanfragen über Google gestellt.

In der Hoffnung, im Milliardengeschäft mit Internet-Werbung eine Zukunft zu haben, verkündeten Microsoft und Yahoo vor wenigen Tagen eine Allianz: Zehn Jahre lang verpflichtet sich Yahoo (die Nummer zwei unter den Suchmaschinen) die erst im Juni von Microsoft eingeführte Suchmaschine “Bing” zu verwenden. Im Gegenzug soll Yahoo in den ersten fünf Jahren 88 Prozent aller Einnahmen aus der Suchmaschinenwerbung erhalten. Das Ziel ist klar: Den weit enteilten Primus Google in Sichtweite zu bekommen.

Es wäre gut, wenn Yahoo und Microsoft dies gelänge. Denn ohne Frage steckt das Wissen der Welt heute vor allem im Internet. Und dieses Wissen schafft nur Nutzen, wenn es verwendet wird, wenn Texte gelesen, Grafiken angeschaut, Filme abgespielt werden. Zunächst aber müssen diese Inhalte gefunden werden. Gibt es aber nur einen einzigen Suchmaschinen-Betreiber, gibt es auch nur einen dominanten Weg, sich dieses Wissen zu erschließen. Eine monopolistische Suchmaschinen-Branche reduziert folglich die Vielfalt der Wissensverbreitung. Hinzu kommt die Gefahr eines Missbrauchs durch gezielte Steuerung bei der Informationssuche. Es könnte damit beginnen, dass die Google-Konkurrenz nicht mehr auf den den vorderen Rängen in den Google-Trefferlisten auftaucht.

Wie stehen die Chancen von Yahoo, Microsoft und anderen Suchmaschinenbetreibern wie etwa ask.com? Ist Google auf Nimmer-Wiedersehen entkommen – und bleibt also Monopolist? Oder darf die Konkurrenz langfristig auf relevante Marktanteile hoffen?

Es gibt zwei Gründe, warum es in einer Marktwirtschaft zur Monopolbildung kommen kann. Erstens, wenn der Staat eingreift und per Gesetz einen Anbieter bevorteilt. So etwa ist es noch heute auf dem Markt der Briefzustellung, wo der Post besondere Rechte eingeräumt werden. Zweitens, wenn der Markt selbst eine bestimmte Besonderheit aufweist, die zu einem so genannten natürlichen Monopol führt. Ersteres ist auf dem Suchmaschinen-Markt nicht der Fall, letzteres schon.

Ein natürliches Monopol kann immer dann entstehen, wenn die Durchschnittskosten bei zunehmender Produktion fallen. Bei Suchmaschinen-Anbietern ist dies der Fall: Die Kosten der Produktion (Durchforsten des Internets, Verbesserung des Suchalgorithmus, Bereitstellung möglichst vieler und treffender Suchergebnisse) sind nämlich weitgehend unabhängig von der Nachfrage (Eingabe von Suchanfragen in die Suchmaske von Google), sie sind also fix. Bleiben aber die Gesamtkosten weitgehend gleich, egal wie groß die Nachfrage ist, dann sinken bei steigender Nachfrage die Durchschnittskosten, also die Kosten pro „Kunde“. Die Folge: Wer groß ist, wird noch größer, weil er günstiger anbieten kann, oder – wie im Fall von Google – in der Lage ist, seine höheren Werbe-Einnahmen in die Verbesserung seines Angebots (bei Google die Suchtechnologie) zu stecken. Der Vorsprung wächst also.

Allerdings: Sinkende Durchschnittskosten sind kein besonderes Kennzeichen der Suchmaschinen-Branche. Das Phänomen gibt es in der gesamten Digitalwirtschaft. Ob Musik, Spiele, Software: Alles was digital verbreitet werden kann, muss nur einmal erstellt und kann dann ohne hohe Kosten, millionenfach verbreitet werden.

Fallende Durchschnittskosten sind also keine hinreichende Erklärung für eine Monopolbildung. Zwar sind große Unternehmen im Vorteil, die Erfahrung zeigt aber, dass gute Ideen und eine clevere Vermarktung Größenvorteile ausgleichen können.

Oft führt erst ein zweiter Grund zur dauerhaften Etablierung eines Monopols, nämlich durch so genannte Netzwerkeffekte. Klassisches Beispiel: das Telefon. Es bringt keinerlei Nutzen, solange man selbst der einzige Telefonbesitzer ist. Erst wenn ein Zweiter ebenfalls einen Telefonanschluss hat, ergibt sich für beide ein Nutzen. Mit einer zunehmenden Zahl an Telefonanschlüssen steigt der Gesamtnutzen exponentiell an.

Ähnliche Effekte gibt es auch bei Software, zum Beispiel bei Microsofts „Office“-Paket. Wer etwa mit dem Textverarbeitungsprogramm “Word” schreibt und dieses Dokument verschickt, kann sich ziemlich sicher sein, dass der Adressat mit diesem Dateiformat etwas anfangen kann.

Anderes Beispiel: soziale Netzwerke im Internet, wie Facebook oder StudiVZ. Je mehr Menschen in einer Community aktiv sind, desto größer der Nutzen für alle Teilnehmer. Je mehr Freunde, desto größer die Freude. Gut möglich also, dass im aktuellen Kampf der sozialen Netzwerke um die Gunst der Nutzer am Ende nur eines Überleben wird.

Einen solchen Netzwerk-Effekt aber gibt es bei Suchmaschinen gerade nicht. Es macht für A keinen Unterschied, ob B seine Suchanfrage auf Google oder auf Yahoo stellt. Fazit: Die Vormacht-Stellung von Google ist nicht zementiert. Neue Angebote drängen auf den Markt. Twitter zum Beispiel. Seit Ende vergangenen Monats hat die Startseite des Mikroblogging-Dienstes eine neue Optik. Ähnlich reduziert wie die Google-Startseite wird jetzt auch bei Twitter der Fokus auf das Suchfeld gelenkt. Der Vorteil von Twitter: Die Einträge sind aktueller. Weil bei Großereignissen häufig direkt vom Ort des Geschehens getwittert wird. Google wird also nicht alleine bleiben. Schmidt hat Recht, die Konkurrenz ist nur einen Mausklick entfernt.

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